3 Tote Palästinenser, ein weggesprengter Arm & eine eingemauerte Stadt — Weekly Summary, 14.01.2021

Die Woche vom 07.-13.01.2021 im historischen Palästina: Über 225 Menschenrechtsverletzungen

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Besatzungsgewalt im Westjordanland: Auch diese Woche wurden zahlreiche Palästinenser*innen, darunter eine Person mit Behinderung, durch Besatzungssoldat*innen verletzt. Jede Form des Protests wurde gewaltsam niedergeschlagen. Mindestens 139 fiel die Besatzungsarmee gewaltsam in Ortschaften des Westjordanlandes sowie Viertel des besetzten Jerusalems ein. Dabei wurden 127 pal. Zivilisten verhaftet, darunter 7 Kinder. Unter den Verhaften befindet sich auch Sa’eed Arami (s. Foto). Er wurde verhaftet, da er letzte Woche gemeinsam mit anderen Demonstrant*innen Land in Deir Jarir, das aktuell von Zwangsenteignung durch Siedler bedroht ist, mit einer Steinschleuder verteidigte. Siedler errichtet in Deir Jarir am 23.12.2020 einen neuen, illegalen Außenposten.

 

Der Palästinenser Sanad Rawashda wurde schwer verletzt. Er verlor am Dienstag seinen Arm, nachdem ein nicht explodierter israelischer Militärsprengkörper in As Samu nahe Al Khalil (Hebron) im besetzten Westjordanland explodiert war. Er ist ein Überbleibsel der Militärübungen, die die israelische Besatzungsarmee regelmäßig im südlichen Hebron, Jordantal & einigen anderen Teilen des besetzten Westjordanlandes durchführt. Dabei werden pal. Familien gezwungen, ihre Häuser für diese Zeit zu verlassen. Teilweise finden die Übungen auf ihren Privatgrundstücken statt.

Die Armee schoss auf einen 51-jährigen Palästinenser an einem Militärcheckpoint mit der Begründung, er habe versucht, die Soldaten mit einem Schraubenzieher anzugreifen. Er wurde nachher festgenommen.

Mohammad Salaheddin (20), ein ehemaliger Gefangener in israelischen Besatzungsgefängnissen, starb am 11.01.2021 aufgrund von medizinischer Vernachlässigung in israelischer Haft — er litt an Krebs. Immer wieder wird Israel für die systematische Verweigerung medizinischer Hilfe gegenüber pal. Gefangenen kritisiert. Israel verstößt damit gegen internationales Recht. Ein pal. Arbeiter (30) wurde getötet & 5 weitere verletzt, als ihr Fahrzeug mit einem israelischen Militärwagen kollidierte.

 

Palästinenser*innen in Israel: Zahlreiche Palästinenser*innen mit israelischer Staatsangehörigkeit demonstrierten gestern in Nazareth gegen den Besuch des isr. Premierministers Netanyahu in ihrer Staat. Der friedliche Protest wurde gewaltsam durch isr. Polizei aufgelöst. Die israelische Polizei griff dabei auch die teilnehmende, ehemalige palästinensische Knesset*abgeordnete Haneen Zoabi an & versuchte sie zu verhaften (s. Video). Demonstrant*innen konnten dies verhindern.

*Knesset: israelisches Parlament

 

Israel tötete diese Woche Ibrahim Zubeidat (21), einen Palästinenser mit israelischer Staatsbürgerschaft, & verhaftete zwei weitere mit der Behauptung, sie hätten einen Polizisten überfallen, der sich verteidigen musste. Ein geleaktes Video zeigt jedoch, dass der Polizist keiner Gefahr ausgesetzt war & stattdessen die jungen Männer verfolgte. Die Einwohner seines Heimatortes gehen dieser Tage täglich auf die Straße, um gegen seine Ermordung & für Gerechtigkeit zu demonstrieren. Die Polizei geht gegen diese agressive vor, es gab mehrere Verletzte & Festnahmen.

 

Mauerbau: Die Besatzung erweiterte diese Woche in Qalqilya den Ausbau der Trennmauer zwischen Westjordanland & Israel. Dabei trennt die Mauermauer große Teile & Ressourcen des als besetzt geltenden Westjordanlandes von diesem ab & schlägt diese einfach & illegaler Weise Israel zu. Darüber hinaus erschwert sie Palästinenser*innen massiv die Bewegungsfreiheit auf ihrem eigenen Land & erstickt die pal. Wirtschaft. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag urteilte 2004, dass die Mauer völkerrechtswidrig & illegal ist und deswegen abgerissen werden muss. Stattdessen baut Israel sie seit über einem Jahrzehnt immer weiter aus. Den Menschen in der Ortschaft Qalqilya bleibt nur noch ein einziger schmaler Ausgang, der Rest ost durch die Mauer abgeriegelt (s. Luftaufnahme).

Zur weiteren Einschränkung der Bewegungsfreiheit der Palästinenser*innen auf ihrem eigenen Land wurden diese Woche zusätzlich zu den 705 permanenten Militärcheckpoints weitere 75 temporäre eingerichtet & an diesen 12 palästinensische Zivilisten verhaftet. Israelis sind von diesen nicht betroffen, da sie andere Nummernschilder & teilweise eigene Straßen haben, auf denen es keine Checkpoints gibt & die Palästinenser*innen nicht benutzen dürfen. Checkpoints in besetzten Innenstädten dürfen Siedler unkontrolliert passieren.

Gaza: 13 Mal feuerte die israelische Armee über den “Grenz”zaun nach Gaza auf Palästinenser*innen, die auf ihren Feldern arbeiteten. Die isr. Marine eröffnete 5 Mal das Feuer auf kleine Fischerboote vor Gazas Küste.

Darüber hinaus drang die israelische Armee mit mehreren Militärfahrzeugen & Bulldozern in den Gazastreifen ein & zerstörte in mehreren Ortschaften der abgeriegelten Enklave bewirtschaftetes Ackerflächen, die nahe des “Grenz”zauns liegen. Anschließend hinterließen sie zweisprachige Flugblätter (Arabisch & Hebräisch) auf denen steht: “Ihre Feldfrüchte haben sich auf weniger als 100 Meter des Sicherheitszauns ausgedehnt. Wenn nicht alle Kulturen innerhalb der gesetzten Frist entfernt werden, werden sie von der IDF* entfernt.” Eine Frist wurde jedoch nicht genannt. Eine ähnliche Drohung & Schikane gegen die Farmer*innen Gazas wurde schon im Dezember 2020 ausgesprochen. Palästinensische Militante schossen auf die eindringenden israelischen Bulldozer & Militärfahrzeuge, niemand wurde dabei verletzt. Israel bombardierte anschließend einige Gebiete im Gazastreifen.

*IDF: englische Abkürzung für die israelische Armee

 

Systematische Vertreibung: Im besetzten Jerusalem ordnete die Besatzung den Abriss des Hauses von Hatem Shahin Al Salaymah an. Da die Besatzung den illegitimen Abriss den Betroffenen in Rechnung stellt, entschloss sich Al Salaymah zum eigenständigen Abriss des Hauses. Einem weiteren Haus im Jordantal wurde ein Abrissbescheid zugestellt. Hauszerstörungen sind ein Mittel der Besatzung, um die De-facto-Annexion Jerusalems & Westjordanlandes durchzusetzen & die indigene pal. Bevölkerung zu vetreiben.

Zusätzlich wird systematisch Familien die wirtschaftliche Grundlage entzogen: Unter anderem wurden diese Woche 4 Traktoren beschlagnahmt, zahlreiche pal. Grundstücke verwüstet & in Bethlehem Gewächshäuser demontiert. Ebenso wurde weitere Infrastruktur, u.a. ein Wasserbrunnen, zerstört.

Dutzende Palästinenser*innen aus Silwan organisierten ein Sit-in auf ihrem privaten Land, das kürzlich durch Israel enteignet wurde, um dort Parkanlagen für “biblische Touren” zu errichten. Es handelt sich um große Grundstücke, die von den Behörden als Privatbesitz anerkannt sind. Das Gebiet von Silwan, Jerusalem, ist ein Ziel der kontinuierlichen Enteignung & Entpalästinierung, um Jersualem komplett einzukreisen & dem vom Rest des Westjordanlandes abzuschneiden.

Gleichzeitig beschloss der israelische Siedlungsrat am gestrigen Tag, eine Wasserquelle (die sogenannte Sakout-Quelle) im besetzten Westjordanland, nahe der Grenze zu Jordanien, zu beschlagnahmen. Sie ist die einzige Wasserquelle der Gegend & somit Hauptquelle für Trinkwasser für mehrere pal. Dörfer. Nun wurde sie mit Stacheldraht umzäunt. Statt als Trinkwasserversorgung für Palästinenser*innen zu dienen, soll hier nun ein Park ausschließlich für Siedler errichtet werden.

 

Siedler-Angriffe: Siedler verwundeten diese Woche 5 palästinensische Zivilisten & zerstörten zahlreiche pal. Fahrzeuge. Auch heute morgen wurden im besetzten Turmus Ayya zwei Fahrzeuge durch Siedler angezündet. Darüber hinaus zerstörten Siedler 340 Setzlinge pal. Farmer. entwurzelt; Fahrzeuge von Zivilisten angegriffen.

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