Über 237 Menschenrechtsverletzungen — was in der Woche vom 28.01. — 03.02.2021 im historischen Palästina geschah
Alle Info, Bilder und Videos sind hier:
Getötet: Muhammad Amr (35), ein Vater von 3 Kindern aus Halhoul (nördlich von Al Khalil/Hebron), wurde von israelischen Besatzungssoldat*innen ermordet. Er wurde in der Nähe der illegalen Siedlung Gush Etzion, südlich von Bethlehem, erschossen. Angeblich habe er einen Messerangriff verüben wollen. Verletzt wurde niemand. Bilder einer Überwachungskamera zeigen, dass von dem Mann keine Gefahr ausging. Sein Leichnam wurde der Familie bisher nicht zur Bestattung übergeben, eine übliche israelische Praxis der Kollektivstrafe. Israel hält über 240 Leichname getöteter Palästinenser*innen — teilweise seit 5 Jahren — zurück. Sie sind großteils in anonymen Gräber isr. Behörden verscharrt, die Familienangehörigen haben somit weder einen Ort zum Trauern noch die Möglichkeit, den erlittenen Verlust zu verarbeiten.
2 jugendliche Palästinenser mit isr. Pass, Ahmad Hijazi & Mahmoud Yassin, wurden in Tamra, Israel, durch die Polizei getötet, weitere wurden verletzt, einer von ihnen verlor sein Auge. Die Familie äußerste sich wie folgt: “Es ist nicht die Tragödie einer Familie, es ist die Realität der ganzen Gemeinschaft”. Die palästinensisch-israelische Menschenrechtsorganisation Adala sagte: “Die Geschichte der Gewalt der Polizei ist eine lange, da sie die palästinensische Gemeinschaft in ihrer Gesamtheit als ewigen Feind sieht. Das wahllose Schießen in zivilen Gebieten ist eine Folge der Immunität der Polizei, wenn sie Araber tötet, wie in vielen anderen Fällen.” Auf die Ermordung der beiden Jugendlichen folgten heftige Proteste der pal. Bevölkerung in Tamra.
Kinder in Besatzungsgefängnissen: Isr. Soldaten haben Amal Nakhleh (17) am 21.01.2021 nachts gegen 3:30 Uhr aus seinem Elternhaus im besetzten Ramallah verschleppt & für 6 Monate ohne jegliche Anklage, Gerichtsverfahren oder genannte Gründe in Administrativhaft genommen. Amal leidet an Myasthenia gravis, einer seltenen chronischen, autoimmunen, neuromuskulären Krankheit, die Muskelschwäche verursacht, unter anderem in den Muskeln, die zum Atmen & Schlucken benötigt werden. Seine Behandlung erfordert eine fortlaufende medizinische Behandlung & dass er regelmäßig & ohne Unterbrechung Medikamente einnimmt. Die Willkürhaft kann seinen Gesundheitszustand massiv verschlechtern.
Ein Bericht der Kommission für palästinensische Häftlinge & Ex-Häftlinge enthüllte diese Woche neue Zeugenaussagen von Kindern, die während ihrer Haft von den israelischen Besatzungstruppen schwer misshandelt wurden, nachzulesen hier: https://qudsnen.co/?p=20848
Besatzungsgewalt: Im Westjordanland & Jerusalem ging die isr. Armee erneut aggressiv gegen jede Form von Protest gegen Besatzung & Landraub vor. Dutzende Palästinenser*innen wurden verletzt, darunter 2 Kinder.
Mindestens 123 mal fiel die Besatzungsarmee in Ortschaften des Westjordanlandes, einschließlich Jerusalem ein. Dabei wurden 137 Zivilisten verhaftet, darunter 22 Kinder.
Wie so oft konfrontierten viele Palästinenser*innen im Westjordanland die spät in der Nacht eindringenden isr. Truppen mit Steinen & Feuerwerkskörpern. Im Flüchtlingslager in Jenin kam es zu heftigen Feuergefechten gegen die Soldat*innen, in deren Folge die Palästinenser*innen die eindringenden Truppen schließlich erfolgreich vertrieben — zum 2. Mal in den letzten 2 Wochen, was in den letzten 10 Jahren nur selten gelang.
Ebenso führte die isr. Armee groß angelegte Militärübungen auf privatem palästinensischem Land in & um die besetzte Ortschaft Masafer Yatta durch. Die militärischen Aktivitäten verursachten Schäden an der Infrastruktur, an landwirtschaftlichen Flächen & an Wohngebäuden & fanden in einem Gebiet statt, das Israel als Feuerzone ausweist, obwohl es von zahlreichen Gemeinden bewohnt wird.
Gaza: Auch diese Woche wurden Farmer & Fischer von isr. Soldaten angegriffen & beschossen. Pal. Widerstandsgruppen haben eine isr. Drohne zum Absturz gebracht. Die Drohne ist die 3. in nur 2 Tagen. Die israelische Armee setzt verschiedene Arten von Drohnen zur Spionage & bei militärischen Operationen sowie Niederschlagung von Protesten in Gaza ein.
Systematische Vertreibung: Die israelische Armee hat die Zelte der Bewohner*innen des Dorfes Hamsa Al Foqa im nördlichen besetzten Jordantal abgerissen, nachdem sie 2 Tage zuvor deren Häuser & Infrastruktur zerstörten. Somit sind fast 136 Palästinenser*innen, darunter 41 Kinder, obdachlos. Israel versucht, die Einwohner*innen des Dorfes, das im Osten von Tubas liegt, zu vertreiben, um seine dortigen Militärbasen & Siedlungen zu erweitern. Die EU verurteilte die Dorfzerstörung.
Auch im besetzten Jerusalem & Al Khalil (Hebron) riss die Besatzung pal. Wohnhäuser ab. In Jenin wurden 51 Straßenverkaufswagen & -stände entfernt & somit zahlreiche Palästinenser*innen ihrer wirtschaftlicher Grundlage beraubt. Der Oberste Gerichtshof Israels ratifizierte zudem den den Hausabriss eines von Israel inhaftierten Palästinensers.
Palästinenser*innen in Israel: Seit 3 Wochen gibt es große Proteste in Um Alfahm, Israel. Anlass ist ein Anstieg der Kriminalität, wofür die isr. Polizei verantwortlich gemacht wird, welche seit langem Straftaten in der pal. Gemeinde nicht mehr verfolgt. Die pal. Gemeinschaft & ihre öffentlichen Vertreter sieht die Polizei & den Staat aufgrund von strukturellem Rassismus & der völligen Vernachlässigung bei der Verfolgung & bei der Medlung von Bedrohungen & Straftaten als mitschuldig an.
Derweil stehen die 4. isr. Wahlen in nur 2 Jahren an. Umfragen zeigen eine sehr große Mehrheit für rechte Parteien. Das Mitte-Links-Lager erlebt derteit ein großes Chaos. Die überwiegend arabische Gemeinsame Liste droht sich zu spalten.
Siedlergewalt: In mehreren Ortschaften, wie Qalqilya und in Salfit attackierten auch diese Woche Siedler pal. Zivilisten, schlugen Scheiben von Familienhäusern und Fahrzeugen ein.
Keine Bewegungsfreiheit auf eigenem Land: Diese Woche errichtete die Besatzung 76 temporäre Militärcheckpoints im Westjordanland & verhaftete 8 palästinensische Zivilisten an diesen. Insgesamt gibt es 705 permamente Militärcheckpoints, die Bewegungsfreiheit von Palästinenser*innen massiv einschränken.